Kolpingsfamilie Ketsch widmete dem malenden Pfarrer einen Abend mit Betrachtung des Rosenberger Altars
„Sieger Köder beim Malen zuzusehen war für mich ein ganz besonderes Erlebnis „ berichtete Trudel Wolf an diesem Abend – und wurde von Manchem darum beneidet. Gelegenheit dazu hatte sie vor einigen Jahren bei einem Aufenthalt im Allgäu. „Er erzählte während dem malen und holte so die Zuschauer mit in sein Werk“
Sieger Köder – ein Pfarrer, der malt – so bezeichnete er sich selbst. Und das kann man als besche
iden nennen – zählt er doch zu den bekanntesten deutschen Malern christlicher Kunst. Anfang Februar dieses Jahres mit 90 Jahren verstorben hinterlässt er viele beeindruckende Werke.
Dazu gehört der Rosenberger Flügelaltar, den Sieger Köder während seiner 20-jährigen Zeit als Pfarrer dort gestaltete. Dieser Altar verfügt über zwei Seiten – eine für die Advents- und Fastenzeit, die andere für alle anderen Sequenzen des Kirchenjahres. Helga Rey hatte ins kath. Pfarrheim eingeladen, um die einzelnen Details, die Bilder im Bild mit ihren Hinweisen und Symbolkraft zu betrachten und hatte sich dazu wohl vorbereitet. Ausführlich und interessant öffnete sie die Flügel des Altars für ihre Zuhörer.
Zunächst der Unterbau des Altars, der auf jeder Seite gleich ist und die Rosenberger Kirchengeschichte zeigt – den alten Kirchenweg, ein Kreuz wo heute die Pfarrkirche St. Jakobus steht, der Kirchenpatron ist als Pilger erkennbar, im Abendlicht sind im Hintergrund die Türme der Kathedrale von Santiago de Compostela erkennbar.
Die Bilder der Flügel drücken bitteres Leid aus – Jesus, geschunden am Kreuz, doch mit den Armen bereits Richtung Himmel, daneben Platon, griechischer Philosoph – für sein Werk um vollkommene Gerechtigkeit wurde auch er gegeißelt, geblendet und gekreuzigt. Zu Jesu Füßen ein in sich zusammengefallener KZ-Häftling – Köder will damit an den Todesmarsch von 1945 durch Rosenberg erinnern, wo Häftlinge zu Tode getrieben wurden. Darunter eine weiße Rose, im Gedenken an den damaligen Widerstand.
Die weiteren Bilder zeigen die Trauernden am Kreuz, dann zwischen Kreuzabnahme und Grablegung Maria, die den toten Sohn in ihrem Schoß trägt. Doch nicht Trauer und Verzweiflung sind ihr Gesichtsausdruck, behutsam und zärtlich hält sie den schwer verletzten Körper, ihr blauer Mantel umfließt ihn wie Wasser und kühlt die Wunden. Darüber wächst aus dem Kreuzesstamm eine Rose – Sinnbild für die Liebe und Hoffnung auf neues Leben.
Aus dem alten Testament berichtet die letzte Tafel dieser Altarseite – Rachel weint um ihre Kinder – symbolisiert das jüdische Volk mit all seiner Tragik doch die Jahrhunderte.
Die zweite Altarseite ist nun heller, lichter anzusehen, beginnend mit der Geburt Jesu. Liebevoll hält Maria das göttliche Kind im Arm, daneben ein Hirtenmädchen, am unteren Rand König Davids Haupt eingerahmt von 5 Christrosen. Das zentrale Mittelbild stellt das tiefste Geheimnis des Glaubens dar – die Auferstehung Christi. Für Sieger Köder ein Ereignis voller Licht, ohne Gestalt. Im Vordergrund zwei Männer bei Brot und Wein, der eine in sich gekehrt, der andere mit hoffnungsvollem Blick nach oben. Hat da noch eine dritte Person am Tisch gesessen – Brot und Wein sind allerdings unberührt – vielleicht für den Auferstandenen gedeckt? Im Hintergrund erkennbar die Emmaus-Jünger, links noch im Dunkel, rechts mit Osterkerze und einem blühendem Mandelzweig – Symbol für das wieder erwachende Leben.
Dem letzten Flügel ist die Darstellung des jüngsten Gerichtes gewidmet. Kleider machen keine Leute mehr, die Masken fallen, es zählt allein der Mensch. Im oberen Teil das neue Jerusalem als blühende Rose mit liebendem Gott.
Einen regen Gedankenaustausch gab es beim betrachten der Bilder – das hätte Sieger Köder sicher auch sehr gefallen. Und noch lange war nicht alles entdeckt, erschlossen, erkannt – auch beim zweiten und dritten Hinsehen lässt sich immer wieder ein Detail finden – Bild im Bild !
Für Sieger Köder hatte seine Malerei etwas prophetisches und das ist ihm ohne Zweifel sehr gelungen. “Mir geht es nicht darum, mich als Künstler zu verwirklichen, sondern den Menschen mit meinen Bildern den Glauben zu erschließen“, hat Sieger Köder einmal gesagt.
Ein bereichernder Abend im Pfarrheim fand damit seinen Abschluss.
M.F.